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Timo Boll wird Zweiter

Boll spielt in Topform und verliert erst im Finale gegen Wang Hao

 

Drei Jahre nach seinem letzten Sieg beim World Cup hat Timo Boll in Lüttich (Belgien) völlig überraschend den zweiten Platz belegt. Der große Wurf gelang dem Spitzenspitzer von Borussia Düsseldorf am Sonntagmorgen im Halbfinale, als er den Weltrangliste-Dritten Ma Long mit 4:3 bezwang und nach langer Zeit wieder einen der chinesischen Top-Spieler besiegte. Die Sensation im Finale gegen den Weltranglisten-Ersten Wang Hao blieb diesmal noch aus.

Der mit den Nachwehen eines Muskelfaserrisses nach Lüttich gereiste 27-Jährige war verhältnismäßig schwach ins Turnier gestartet und musste im Auftaktmatch gegen den Griechen Kalinikos Kreanga, den er vor einer Woche beim Champions League-Duell gegen Hennebont TT (Frankreich) noch bezwungen hatte, die erste Niederlage hinnehmen. "Die Verletzung war noch im Kopf. Ich habe mich noch nicht getraut, mich richtig zu bewegen." Doch Boll steigerte sich von Spiel zu Spiel und bot schon am Samstagabend gegen den Einzel-Olympiasieger von Athen Ryu Seung Min aus Südkorea Tischtennis vom Feinsten mit sichtlich gesteigertem Selbstvertrauen.

Im Halbfinale am Sonntag gegen Ma Long startete der Weltranglisten-Siebte dann furios und gewann den ersten Satz. Erst bei einer 8:3-Führung im zweiten Durchgang geriet der zweifache Weltcup-Sieger ins Straucheln, verlor den Satz mit 8:11 und hatte auch in den beiden folgenden Durchgängen das Nachsehen. Trotz des zwischenzeitlichen 1:3-Rückstandes steckte der Hesse nicht auf und vermittelte Zuschauern und Gegner durch sein entschlossenes Auftreten das gesamte Spiel über den Eindruck, das Blatt wenden zu wollen und zu können. "Ich habe heute wirklich gut gespielt. Selbst bei einer Niederlage gegen Ma Long wäre ich mit meiner Leistung zufrieden gewesen", so Boll nach dem Einzug ins Finale.

Im Endspiel wartete mit Wang Hao dann kein geringer als der Weltranglisten-Führende, der als Favorit in das mit insgesamt 135.000 US-Dollar dotierte Turnier gestartet war. Der 24 Jahre alte Chinese, der im olympischen Finale seinem in Lüttich nicht angetretenen Landsmann Ma Lin unterlegen war, wurde dieser Rolle gerecht. "Er ist gemeinsam mit Ma Lin derzeit der stärkste Spieler der Welt. Dass er aber zu schlagen ist, hat man heute gegen mich und auch gestern im Viertelfinale gegen Dimitrij Ovtcharov gesehen. Aber dafür muss man einen sehr guten Tag und auch etwas Glück haben. Heute habe ich ein paar leichte Fehler gemacht, daran werde ich noch arbeiten. Er hat den Weltcup verdient gewonnen", so Boll über die Neuauflage des Endspiels von 2005, als sich der Deutsche ebenfalls in Lüttich mit 4:3 durchsetzte und den zweiten World Cup-Erfolg seiner Karriere feierte.

Der Düsseldorfer darf sich über einen Scheck in Höhe von 22.000 US-Dollar freuen, sein siegreicher Finalgegner erhält exakt die doppelte Summe.

Ebenfalls zufrieden mit dem Verlauf des Wochenendes kann der zweite in Lüttich gestartete Düsseldorfer Dimitrij Ovtcharov sein. Dem deutschen 20 Jahre alten Nationalspieler gelang bei seinem Weltcup-Debüt auf Anhieb der Sprung unter die besten acht Spieler. "Das war mehr als ich erwartet habe", so Dima, der von den belgischen Fans im Match gegen Wang Hao nur als Ovtchi angefeuert wurde und damit auf dem besten Weg zu einem neuen Spitznamen ist. Im Viertelfinale unterlag er dem späteren Turnier-Sieger Wang Hao in 1:4-Sätzen. "Ich habe gut gespielt und erstmals einen Satz gegen Wang gewonnen. Ich denke, ich kann mit mir zufrieden sein."

Eine Woche vor dem Beginn der Europameisterschaft im russischen Sankt Petersburg (4.-12. Oktober) dürfen die Deutschen optimistisch in die letzten Vorbereitungstage gehen, denn die Form stimmt, wie Boll und Ovtcharov in Belgien eindrucksvoll unter Beweis gestellt haben. Auch Christian Süß, der die Zeit gemeinsam mit seinem portugiesischen Teamkollegen Marcos Freitas zum Training in Düsseldorf nutzte, befindet sich nach überstandener Erkältung wieder auf dem Weg der Besserung und hofft, rechtzeitig zur EM wieder voll auf der Höhe zu sein.

Die Ergebnisse der Düsseldorfer im Überblick

Gruppe C:
Boll - Kalinikos Kreanga (GRE) 2:4 (7:11, 8:11, 12:14, 11:7, 11:7, 9:11)
Boll - Gao Ning (SIN) 4:1 (12:10, 11:7, 9:11, 11:7, 11:4)
Boll - Segun Toriola  (NGR) 4:0 (11:6, 11:1, 11:4, 11:6)

Gruppe D
Ovtcharov - Ryu Seung Min (KOR) 0:4 (9:11, 7:11, 11:13, 6:11)
Ovtcharov - Jean-Michel Saive (BEL) 4:3 (12:10, 9:11, 11:6, 11:7, 9:11, 6:11, 11:9)
Ovtcharov - Li Ching (HKG) 4:3 (11:8, 8:11, 11:8, 9:11, 8:11, 11:5, 11:6)

Viertelfinale
Boll - Ryu 4:0 (11:6, 11:8, 11:8, 11:4)
Ovtcharov - Wang Hao (CHN) 1:4 (10:12, 7:11, 11:6, 6:11, 8:11)

Halbfinale
Boll - Ma Long (CHN) 4:3 (11:7, 8:11, 9:11, 3:11, 11:8, 11:8, 11:6)

Finale
Boll - Wang Hao 1:4 (8:11, 3:11, 16:14, 7:11, 9:11)

Alle Ergebnisse finden Sie auf der Seite www.ittf.com.

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