"Den Erfolg aus Athen gern wiederholen"
Borussia-Mitglied Nikelis bei Paralympics
Für das deutsche Olympia-Team ging es in London um Bronze, Holger Nikelis greift nach Gold. Das 34-jährige Borussia-Mitglied ist die große deutsche Medaillenhoffnung im Rollstuhl-Tischtennis. 2004 stand er bereits ganz oben auf dem paralympischen Treppchen, 2012 soll das wieder klappen. Wie sich Nikelis auf dieses Großereignis vorbereitet, welche Schwierigkeiten ihm der Boden bereiten kann und welche Erwartungen er hat, erzählt der Weltmeister im Interview.
Holger, in knapp zwei Wochen geht dein Flieger in Richtung Paralympics in London. Wie groß ist die Vorfreude?
Holger Nikelis: Die ist schon enorm, gerade jetzt, wo ich täglich die Bilder von den Olympischen Spielen online und im Fernsehen verfolge. Da, wo Timo Boll und Co jetzt spielen, werde ich auch in ein paar Tagen am Tisch stehen. Noch liegen einige Trainingseinheiten vor mir. Aber der Abschlusslehrgang mit der Nationalmannschaft beispielsweise ist bereits vorbei, und auch die erste Einkleidung hat bereits stattgefunden. Das Turnier rückt somit fühlbar näher, die Anspannung steigt.
Du hast dich in den vergangenen Wochen und Monaten akribisch auf London vorbereitet. Wie ist deine Form?
Nikelis: Ich bin sehr zufrieden mit meiner derzeitigen Leistung. Die Vorbereitungen laufen rund. Zusammen mit meinem Trainer Michael Meißner arbeite ich noch an Feinheiten, insbesondere im taktischen sowie im Aufschlagbereich. Und ich stelle mich anhand von Videoanalysen auf meine ärgsten Gegner ein.
Du trainierst derzeit sogar an einem Originaltisch sowie auf einem ähnlichen Bodenbelag, auf dem in London gespielt wird…
Nikelis: Der Deutsche Tischtennis-Bund hat mir freundlicherweise einen solchen Tisch zur Verfügung gestellt, bevor er mit seinen Athleten nach London abgereist ist. Darüber hinaus trainiere ich auf einem ähnlichen Bodenbelag, auf dem in London gespielt wird. Sich an die Bedingungen vor Ort zu gewöhnen, ist sehr wichtig. Gerade im Hinblick auf den doch sehr weichen Gummiboden. Der Rollwiderstand ist höher, die Belastung entsprechend größer. Ich fahre zwar im Spiel nicht so viel am Tisch, nur vor und wieder zurück, aber die Umstellung ist doch deutlich spürbar. Da ist es hilfreich, das vorher getestet zu haben.
Du bist Weltranglistenerster und amtierender Weltmeister. Mit welchen Erwartungen fährst du zu den Paralympics?
Nikelis: Ich hoffe natürlich, dass ich in London ohne Einschränkungen meine Leistung abrufen kann. In Peking hat das ja leider nicht ganz geklappt, weil ich mir im Vorfeld einen Infekt zugezogen hatte und nur mit halber Kraft an den Start gehen konnte. In London bin ich an Nummer eins gesetzt. Klar, dass ich da auch eine Medaille im Visier habe. Ich stand bei den Paralympics in Athen 2004 schon einmal ganz oben auf dem Treppchen. Wenn man das einmal erlebt hat, möchte man den Erfolg schon gerne wiederholen. (lacht)
Du bist bereits zum dritten Mal bei den Paralympics mit dabei. Was ist das Besondere an dieser Veranstaltung?
Nikelis: Als deutsches Team in den unterschiedlichsten Sportarten an den Start zu gehen und gemeinsam um Medaillen zu kämpfen, das machen die Paralympics für mich aus. Es ist ein ganz besonderer Geist, der bei dieser Veranstaltung herrscht. Alles ist perfekt organisiert, von der Verpflegung, den Unterkünften, der einheitlichen Kleidung, den Wettkampfstätten bis hin zur Logistik. Das ist im Behindertensport ja nicht immer der Fall. Auch das Medieninteresse ist enorm. Das macht schon Spaß.
Wirst du an der Eröffnungsfeier am 29. August teilnehmen?
Nikelis: Ich würde gerne, ja. Doch hängt meine Teilnahme daran von vielen Faktoren ab. Beispielsweise davon, wie lange die Eröffnungsfeier inklusive An- und Abreise aus dem paralympischen Dorf dauert und wie das Wetter ist. Ich muss bereits am nächsten Tag spielen und möchte nicht riskieren, müde zu sein oder mir durch längeres Warten im Rolli bei möglicherweise schlechtem Wetter einen Infekt einzufangen. Ich werde das vor Ort entscheiden. In Athen durfte ich die Eröffnungsfeier schon einmal miterleben. Das ist ein ganz besonderer Moment, den ich mir nur ungern entgehen lassen möchte.
Wie stark ist die Konkurrenz? Wen erwartest du in deiner Wettkampfklasse 1 ganz weit vorne?
Nikelis: Wenn ich auf die Teilnehmerliste schaue, dann gehe ich davon aus, dass von den zwölf qualifizierten Spielern acht eine echte Chance haben, am Ende auch eine Medaille zu gewinnen. Die Leistungsdichte ist sehr groß. Besonders den beiden Koreanern, den beiden Franzosen, dem Österreicher Andreas Vevera und den zwei Briten, die sicher einen Heimvorteil genießen werden, traue ich einiges zu. Jeder kann an einem guten Tag jeden schlagen. Das gilt auch für mich. Es wird spannend.
Kannst du mit Unterstützung aus der Heimat rechnen, sprich: Werden deine Familie, Freunde oder Fans dich begleiten?
Nikelis: Meine Lebensgefährtin Swetlana wird von Beginn an dabei sein. Und auch mein Vater plant eine Reise nach London. Der eine oder andere Freund wird auch zu den Paralympics fahren. Ich gehe aber davon aus, dass einfach auch viele deutsche Fans vor Ort sein und unser Team anfeuern werden.
Das Interview führte Barbara Wagner, PR und Kommunikation/JS.