Danny´s Blog
Bedingungslose Leidenschaft
Letzte Woche war es eher ruhig in Düsseldorf. Patrick Baum war beim World Cup in Doha, Timo Boll war zuhause geblieben um seine Grippe auszukurieren und unsere ungarischen Spieler (Janos Jakab und Daniel Kosiba) habe ich für eine Woche nach Hause geschickt um sich von der EM und vor allem von der darauf folgenden schweren Woche zu erholen. Christian Süß war der Einzige von unseren Stammspielern.
Das Schöne an so einer ruhigen Periode ist, dass auch andere Spieler dann eine Chance bekommen um mit zu trainieren. Da ist zum Beispiel Dragan Subotic, ein 16-jähriger Serbier der auch das Tischtennisinternat in Düsseldorf besucht. Er ist jetzt schon die Nummer 6 in Europa und wenn im Januar die Ältesten der Junioren von der Rangliste verschwinden, dann ist er sogar die Nummer 2. Er ist also ein guter Jugendspieler, was aber nicht das Einzige ist was ihn ausmacht. Das Eindrucksvollste an Dragan ist seine bedingungslose Leidenschaft für Tischtennis, die ganze Hingabe mit der er diesen Sport für sich gewählt hat. Dieser Junge will ein Topspieler werden und da würde er alles dafür geben. Für einen Trainer ist eine Woche mit so jemandem sehr inspirirend.
Ich habe große Bewunderung für Jugenspieler die alles zuhause stehen und liegen lassen um ein richtig guter Tischtennisspieler zu werden. Ich muss dabei immer daran denken wie Trinko und ich das früher angegangen sind: Sachen packen und da hingehen wo man mit guten Spielern und guter Begleitung trainieren kann. Eigentlich ist dies auch die einzige Möglichkeit um etwas in diesem Sport zu erreichen. Im Ausland wird das bereits sehr gut umgestzt und Jugendspieler sehen die Konsequenzen ein, die der Wunsch ein Top-Tischtennisspieler zu werden mit sich bringt. In den Niederlanden ist dies leider noch nicht so. Für manche Jugendspieler ist in unserem Land der Schritt nach “Papendal” oft schon zu groß. Sie bleiben lieber in ihrem Club um zu trainieren. Das ist ansich auch zu verstehen, weil es dort schön, sicher und vertraut ist. Aber so wird man kein internationaler Topspieler. Natürlich spielen hier auch die holländischen Eltern eine Rolle, die ihre Kinder bei sich zuhause haben wollen. Und die machen viel für ihren Nachwuchs. Die Absicht dahinter ist natürlich gut aber so werden aus ihren Kindern keine selbstständigen Topsportler.
Ausländische Spieler werden meiner Erfahrung nach von ihren Eltern viel schneller los gelassen und lernen so früher auf ihren eigenen Beinen zu stehen. Das ist sehr wichtig wenn man einer von den Bestern werden will, weil man dann viel besser im Stande ist eigene Entscheidungen zu treffen und seine Karriere selber in die Hand zu nehmen. Schau dir Subotic an, das ist einer derjenigen, der auf seinen eigenen Beinen steht, den muss man nicht einen Tritt in den Hintern verpassen. Letztens lief ich morgens zufällig durch den Saal zu meinem Büro. Es war viertel vor neun, das Training begann um halb 10. Wer ist gerade dabei ein paar Bälle aufzuschlagen.? Dragan Subotic. Nicht weil ich ihn gefragt habe, nein, das macht er von sich aus. Hut ab, dann ist man aus dem richtigen Holz geschnitzt. Dragan ist dabei nicht nur sehr diszipliniert, er fragt auch um Hilfe, zum Beispiel für das Aufstellen von Trainingprogrammen falls er in Serbien ist. Er ist enorm lehrbegierig und sehr erwachsen für sein Alter. Mit ihm kann man sich schon richtig über Tischtennis unterhalten. Seine pro-aktive Haltung steht auf jeden Fall im Kontrast mit dem was ich in Holland von den jungen Spielern gewöhnt bin. Die sind im Allgemeinen doch eher etwas passiver und warten oft bis der Trainer etwas sagt. Das ist schade, weil letztendlich ist die Haltung, die man als Sportler hat viel wichtiger als Talent. Talent ist überall, auch in den Niederlanden. Aber es sind vor allem Leidenschaft und Mentalität, die dafür sorgen, dass man gut wird.
Letzte Woche musste ich an einem Abend zusammen mit Subotic eine Demonstration (Vorführung) geben. Als es zu Ende war hätte ich schön in mein Hotelzimmer gehen können um mich zu entspannen, stattdessen habe ich lieber noch eine Stunde mit Dragan über Tischtennis geredet. Wenn ich einen echten Liebhaber treffe, dann kommt auch der Liebhaber in mir hoch.