Presse: Zwischen „Mia san Mia“ und der Euphoriebremse
Der aktuelle Stand der Vorbereitung der deutschen Mannschaft auf die in elf Tagen beginnende Team-WM in Dortmund.
Quelle: DTTB
Noch elf Tage sind es bis zum ersten Aufschlag bei der LIEBHERR Team-WM in Dortmund. Die deutsche Herren-Nationalmannschaft absolviert bis Mittwochabend den Abschlusslehrgang in Rotenburg an der Fulda. Bei der Heim-WM ist das Team um Timo Boll an Position zwei hinter China gesetzt, überzeugt von der eigenen Stärke, aber auch darauf bedacht, die hohen Erwartungen etwas zu dämpfen. Angesprochen auf ein mögliches Traumfinale zwischen Deutschland und China sagt etwa Bundestrainer Jörg Roßkopf: „Für uns ist es ein langer Weg dorthin.“
Es hat schon Tradition, dass die Herren-Nationalmannschaft vor Großveranstaltungen in Rotenburg an der Fulda zusammenkommt. Timo Boll, Christian Süß (beide Düsseldorf), Dimitrij Ovtcharov (Orenburg) und Bastian Steger (Saarbrücken) holen sich derzeit in einem dreitägigen Abschlusslehrgang den Feinschliff für die in elf Tagen beginnenden LIEBHERR Mannschaftsweltmeisterschaften in Dortmund. Neben der WM-Mannschaft und dem Trainerteam um Bundestrainer Jörg Roßkopf, Assistenztrainer Zhu Xiaoyong und Konditionstrainer Ralph Färber (Olympiastützpunkt Hessen) sind in Rotenburg als Sparringspartner B-Kader-Athlet Ricardo Walther (Jülich) sowie die Bundesligaprofis Wang Xi (Fulda-Maberzell) und Bojan Tokic (Saarbrücken) vertreten.
Timo Boll trainiert schmerzfrei
Gute Nachrichten gibt es von der deutschen Nummer eins. Der Weltranglisten-Sechste Timo Boll kann nach seiner Sehnenreizung im Schulterbereich wieder schmerzfrei trainieren und machte im Trainingsmatch gegen Dimitrij Ovtcharov am Dienstag vor den anwesenden Journalisten eine gute Figur, zeigte sich beweglich und spielfreudig.
Am Dienstagabend schauten sich Boll und Co. das 7:0-Schützenfest des FC Bayern München in der Champions-League-Spiel gegen den FC Basel an. Eine Art „Mia san Mia“-Mentalität wie sie der Deutsche Fußball-Rekordmeister häufig propagiert, hat die Herren-Nationalmannschaft bereits verinnerlicht. „Es ist die beste Mannschaft, die wir je hatten“, betonten Bundestrainer Jörg Roßkopf und Europe-Top-12-Sieger Dimitrij Ovtcharov in der Pressekonferenz. Deutschland, WM-Zweiter 2010 und Olympia-Zweiter 2008, ist bei der LIEBHERR Team-WM in Dortmund hinter Titelverteidiger China an Position zwei gesetzt. Und alle reden schon vom möglichen Traumfinale zwischen Deutschland und China. Bundestrainer Jörg Roßkopf versucht, die Euphorie etwas zu bremsen: „Es ist ein langer Weg bis zum Finale.“ Der große Favorit heiße China. Jörg Roßkopf, der mit Steffen Fetzner 1989 in der Dortmunder Westfalenhalle WM-Gold im Doppel gewann, sagt aber auch: „Keinem Team wird die Goldmedaille umgehängt, nur weil die Spieler in der Weltrangliste von eins bis fünf platziert sind. Es zählen Titel, nicht das, was in der Rangliste steht.“
Die Zitate der Pressekonferenz in der Übersicht
Bundestrainer Jörg Roßkopf über die Ziele bei der WM und ein mögliches Finale Deutschland - China
Das Ziel ist ganz klar, dass die Spieler in Topform nach Dortmund anreisen und eine gute WM spielen. Bei einer WM passieren immer viele Überraschungen – und wir würden gerne davon verschont bleiben. China – Deutschland im Finale hätten wir nichts dagegen, aber es ist ein langer Weg dorthin. Ich hoffe, dass wir bis zu den K.o.-Spielen in Topform sind. Es gibt viele starke Nationen, zum Beispiel die Japaner oder Südkoreaner, die wir erst besiegen müssen.
Über die Vorbereitung
Mit der Vorbereitung bin ich sehr zufrieden. Wir hatten ein paar Kurzlehrgänge. Die Spieler haben noch mit ihren Vereinen gespielt und trainiert. Die Tage, die wir zusammenwaren, haben wir gut gearbeitet. Ich hoffe, dass wir uns noch steigern können, damit die Spieler frisch und motiviert anreisen.
Über Parallelen zu 1989 (Roßkopf und Steffen Fetzner wurden überraschend Doppel-Weltmeister in Dortmund) und die damalige Euphorie
Die Veranstaltungen in Deutschland sind immer gut besucht. Wichtig ist, dass die Spieler in der Box alles geben, vor den Zuschauern alles zeigen. Dann, glaube ich, kann sich eine Euphorie noch steigern. Aber man muss erst mal das Maximale rausholen. Natürlich denken viele an das Finale, aber man sollte vorsichtig sein. 1989 waren andere Voraussetzungen. Wir wollten einfach eine gute WM spielen, dann hat es sich entwickelt. Heute ist der Druck auf die Spieler größer, viele erwarten eine Medaille. Aber meine Spieler sind es seit Jahren gewohnt, mit dem Druck klarzukommen. Bei Heimmeisterschaften hat Deutschland auch immer gut gespielt.
Über seine Mannschaft
Es ist mit Sicherheit die beste Mannschafft, die wir je hatten. Wir haben zwei Spieler in den Top Ten der Weltrangliste und insgesamt fünf Spieler, die alle gefühlt in den Top 20 stehen. Eine solche Konstellation hatten wir in Deutschland noch nie.
Timo Boll über seine Fitness
Man hat es ja im Training gut sehen können. Ich fühle mich fit, habe keine Schmerzen mehr. Vom Gefühl her kann ich mich schnell an mein altes Niveau akklimatisieren. Von daher bin ich optimistisch, dass es eine gute WM wird.
Darüber, ob die Chinesen überhaupt zu knacken sind
Gerade als Mannschaft sind sie natürlich eine Macht. Aber man hat es in Moskau 2010 gesehen, dass durchaus gegen die Chinesen was möglich ist, wenn sie unter Druck geraten. Und dann müssen wir zupacken.
Dimitrij Ovtcharov über die WM-Ziele
Ich trainiere schon seit Sommer 2011 intensiv und hart auf WM und Olympia hin, bin sehr motiviert und fokussiert. Ich hoffe, dass wir Topleistung bringen, um am Ende im Finale gegen China stehen zu können.
Bastian Steger über die Vorbereitung auf die deutschen Gruppengegner Portugal, Singapur, Tschechien, Spanien und Serbien
Es sind Gegner, gegen die wir schon 100 Prozent geben müssen, aber die alle schlagbar sind, wenn unsere Form stimmt. Ich bin davon überzeugt, dass wir eine gute WM spielen. Jeder einzelne muss sich gut vorbereiten, die taktische Einstellung passiert kurz vorher. Insofern muss man sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht länger mit den einzelnen Mannschaften auseinandersetzen.
Christian Süß über die zu erwartende Atmosphäre in der Westfalenhalle
Bei Heimmeisterschaften herrscht immer eine sehr gute Stimmung. Die Zuschauer unterstützen uns mit aller Macht, allerdings ist der Druck zuhause auch höher. Man muss zu 100 Prozent fokussiert sein.
Über seine eigene Form nach der schweren Knieverletzung im vergangenen Jahr
Ich denke, dass ich schon wieder eine ganz ordentliche Form habe und mit den Topspielern mithalten kann. Ich bin sehr froh, wieder dabei zu sein im Team und hoffe, dass ich der Mannschaft bei der WM helfen kann. Es war schon eine schwere Verletzung, eine ungewisse Zeit. Von daher ist es schön, dass ich wieder auf dem Toplevel spielen kann.
Herren-Assistenztrainer und Bundesstützpunkttrainer Zhu Xiaoyong über die Vorbereitung der Chinesen
Für China sind die Weltmeisterschaften und die Olympischen Spiele die großen Ziele. Dafür trainieren sie sehr hart. Seit Februar sind sie im Trainingslager, mit insgesamt 30 Spielern. China hat mehr Möglichkeiten und mehr Zeit, zu arbeiten. Wir haben dafür mehr Wettkämpfe. Die Art der Vorbereitung ist unterschiedlich. Wir sind aber gut vorbereitet, haben gute Spieler und können unsere Ziele erreichen.
Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig über das, was die Zuschauer bei der LIEBHERR Team-WM in Dortmund erwartet
Die Zuschauer werden eine große WM sehen. Wir werden über 50.000 Zuschauer haben. Die Chance ist groß, dass die Westfalenhalle an den letzten drei Tagen voll besetzt ist. Über 11.000 Zuschauer werden für den Tischtennissport eine super Kulisse bieten. Den Sportbegeisterten zeigen sich die internationalen Spitzenspieler, aber eben auch die Exoten in der Nebenhalle. Eine Tischtennis-WM ist sehr international, sehr bunt. An der großen Teilnehmerzahl kann man ablesen, wie hoch die Zahl der weltweiten Konkurrenten in unserem Sport ist. Eine solche Größenordnung haben bestimmt nicht viele Sportarten aufzuweisen.
Die Einschätzung der deutschen Vorrundengegner Portugal, Singapur, Tschechien, Spanien und Serbien durch die DTTB-Herren gibt es als Podcast: http://www.tischtennis.de/aktuelles/meldung/12908