Sharath Kamal Achanta: Ein Kämpfer mit hohen Zielen
Einen Tischtennis-Profi aus Indien in der Tischtennis Bundesliga suchte man bis vor wenigen Jahren wohl vergebens. Dann allerdings präsentierte Aufsteiger Gräfelfing in der Saison 2010/11 den Coup: Die Bayern hatten den indischen Nationalspieler Sharath Kamal Achanta als Nummer Eins verpflichtet. Und der sympathische Achanta wusste nicht nur durch seinen Kampfgeist, sondern auch durch Ergebnisse überzeugen.
Doch wie kommt ein Junge aus dem tiefsten Süden Indiens überhaupt auf die Idee, Tischtennis-Profi zu werden? Tischtennis lag ihm einfach im Blut: Schon Achantas Vater war ein begeisterter Tischtennisspieler und ließ sich noch vor der Geburt Kamals zum Trainer ausbilden. So kam es, dass der kleine Spross schon im Alter von drei Jahren mit zum Tischtennis-Verein genommen wurde. Als er mit fünf Jahren endlich über den Tisch gucken konnte, begann sein Vater ihn zu trainieren und somit nahm eine vielversprechende Karriere ihren Lauf. In seiner Schule in der sechstgrößten indischen Stadt Chennai hing ein Motto im Klassenzimmer, welches Achanta sich für sein Leben zu eigen machte: „Setze deine Ziele hoch, aber arbeite mehr dafür, als du selbst von dir erwartest.“
Mit dieser Devise hatte er Erfolg: Achanta machte nicht nur seinen „Bachelor of Commerce“ auf dem in Indien bekannten Loyola College, auch im Tischtennis wurde er schnell zu Indiens Bestem. 2004 gewann er mit der Goldmedaille im Einzel als erster Inder überhaupt eine Medaille bei den Commonwealth Tischtennis-Meisterschaften, 2006 gelang ihm dann auch der Triumph bei den noch wichtigeren Commowealth Spielen. Auch bei den Olympischen Spielen in Athen durfte der Inder starten, ebenso wie in Peking. 2005 wurde ihm vom indischen Präsidenten der „Arjuna Award“ für herausragende Repräsentation von Tischtennis für das Land Indien verliehen. 2006 ging er ins Ausland, um sich weiterzuentwickeln und spielte vier Jahre beim spanischen Club San Sebastian de los Reyes. Mit dem Sieg bei den Egypt Open 2010 wurde die internationale Tischtennis-Szene endgültig aufmerksam auf das Können des indischen Nationalspielers, welches er in seiner ersten Bundesliga-Saison bei Gräfelfing auch gleich bestätigte.
Nach einer TTBL-Zwischenstation in Bremen mit einer ausgeglichenen Bilanz wollte Achanta in der vergangenen Saison in der italienischen Liga sein Glück versuchen, doch sein Club Sirecusa ging Pleite. Da die Wechselfrist schon abgelaufen war, stand Indiens bester Tischtennisspieler ohne Vertrag da. Achanta beschloss, sich der Düsseldorfer Trainingsgruppe anzuschließen und sich fit zu halten. Dieser Entschluss lohnte sich für den Inder, denn so spielte er sich in die Wahrnehmung der Borussen, und wurde für die Saison 2013/14 als fünfter Spieler für den verletzten Christian Süß verpflichtet. Mittlerweile lebt und trainiert er seit einem Jahr in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt und auch seine Frau und seine kleine Tochter sind oft in Deutschland.
Achanta fühlt sich wohl in der Rhein-Metropole, nur mit dem Klima kann er sich nicht so ganz anfreunden: „In meiner Heimatstadt trage ich das ganze Jahr T-Shirt und Shorts, denn ich lebe am Strand und auch im Winter ist es mindestens 22 Grad. Hier ist es meistens sehr kalt und ich muss mich immer warm anziehen.“ Auch das indische Essen mit all seinen Gewürzen und Farben vermisst Achanta ein bisschen. Das nimmt er allerdings gerne in Kauf, um bei Rekordmeister Borussia Düsseldorf mit Timo Boll in einem Team zu spielen und sich spielerisch weiter zu entwickeln.
Das Trainieren mit Timo Boll ist für Achanta immer noch etwas ganz besonderes, denn Europas Tischtennis Superstar spielt für ihn in einer ganz eigenen Liga. „Mit den anderen Spielern kann ich nach dem gemeinsamen Training auf Augenhöhe reden, aber vor Timo habe ich sehr viel Respekt“, so der Inder.
Wenn der indische Tischtennis-Crack nicht gerade in der Halle an sich arbeitet, hört er gerne Musik und auch Filme haben es ihm angetan: „Immer wenn ich alleine zu Hause bin, habe ich Musik laufen. Außerdem bin ich ein Filmfreak, ich liebe es ins Kino zu gehen und mir einen Film ohne Störung und mit jeder Menge Popcorn anzusehen.“
Viel freie Zeit gibt es neben Training, Spielen und Turnieren allerdings nicht, aber entsprechend seines Mottos verzichtet Achanta gerne darauf. Er hat seine Ziele hoch gesteckt: „Ich wollte immer eine Medaille bei den Asienmeisterschaften gewinnen, aber mein ultimatives Ziel wäre eine Weltmeisterschafts-Medaille“. Und dafür ist er bereit, sehr hart zu arbeiten, auch wenn das Ziel vermutlich unerreicht bleiben wird für den erst vor wenigen Tagen 31 Jahre alt gewordenen, sympathischen Sharath Kamal Achanta.