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Borussen Roßkopf und Fetzner schrieben am 8. April 1989 Geschichte

Borussia-Duo holte vor 30 Jahren WM-Gold in Dortmund

Am Montag, den 8. April jährt sich der erste und bislang einzige Weltmeistertitel für Deutschland in der Nachkriegsgeschichte zum 30. Mal. Bei der Heim-Weltmeisterschaft 1989 in Dortmund gewannen die beiden Borussen Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner sensationell Gold im Doppel. Der Startschuss für zwei große Tischtennis-Karrieren war gegeben und ein Boom in Deutschland ausgelöst.

Die damals 19- und 20-jährigen Roßkopf und Fetzner gewannen in einem denkwürdigen Finale vor über 10.000 Zuschauer in der ausverkauften Westfalenhalle Dortmund gegen Zoran Kalinic (ehemals Jugoslawien, heute Serbien) und Leszek Kurcharski (Polen) mit 18:21, 21:17 und 21:19 die Weltmeisterschaft.

Dabei waren die beiden Youngster als Außenseiter in das Turnier gegangen, jede überstandene Runde war eine Überraschung. Plötzlich stand das Duo im Viertelfinale und hatte die Chance auf einen Medaillengewinn. Im Duell mit Andrzej Grubba und Philippe Gatien (Polen/Frankreich) gelang Roßkopf/Fetzner, was kaum jemand für möglich gehalten hatte. Die für Borussia Düsseldorf spielenden Akteure gewannen mit 2:1 und hatten Edelmetall sicher. Mit der Gewissheit der Medaille spielten die beiden Freunde im Halbfinale gegen die chinesischen Titelverteidiger Chen Longcan und Wei Quingguang völlig unbeschwert und groß auf und setzen ihren Siegeszug fort. Sie gaben den zuvor drei Jahre lang unbesiegten hohen Favoriten mit 11:21, 21:12, 21:17 das Nachsehen - welch ein Coup.

Eine Steigerung schien eigentlich nicht möglich, doch das "WM-Märchen" war noch nicht zu Ende, der absolute Höhepunkt sollte noch folgen. Trotz ihres jungen Alters zeigten Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner im Finale starke Nerven und bogen im entscheidenden dritten Satz einen 10:13 Rückstand um. Getragen von einer noch nicht gekannten Begeisterung des Publikums erspielten sie sich vier Matchbälle, und als der Siegpunkt zum 21:19 vollendet war, kannte der Jubel in der Dortmunder Westfalenhalle keine Grenzen mehr. "Das Gefühl in diesem Moment ist nicht in Worte zu fassen", sagt Fetzner heute. "Das waren Freude, Glück und Emotionen pur! Es hat auch einige Tage, sogar Wochen gedauert, um das alles zu realisieren."

Hans Wilhelm Gäb, damals DTTB-Präsident und noch heute Vorsitzender des Verwaltungsrats der Borussia, erinnert sich: "Ein unvergesslicher Moment in meinem Tischtennis-Leben. Ich habe nach dem Siegpunkt den damaligen IOC-Präsidenten Samaranch auf der Ehrentribüne sitzen lassen, bin nach unten in die Box gestürmt, habe mit den Spielern gejubelt und mir dann den Endspielball gesichert, den `Rossi´ und `Speedy´ später signiert haben."

Borussia-Manager Andreas Preuß indes fragt: "Ist das wirklich schon 30 Jahre her?" Ja, und trotzdem noch so präsent, wie er selbst feststellt: "Wenn ich heute die Bilder sehe, bekomme ich immer noch Gänsehaut. Eine bebende Westfalenhalle, Totenstille vor dem Matchball und dann liefen mir auf einmal die Tränen runter. Die Wochen danach waren unglaublich, Speedy und Rossi hatten einen TV Auftritt nach dem anderen, wurden zwei Wochen danach mit Borussia Europapokalsieger der Landesmeister und kamen aus dem Feiern nicht mehr heraus. Was für eine irre Zeit!"

Diese für Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner so bedeutende Zeit 1989 war der Anfang einer Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen sucht. Gemeinsam feierten der Links- und der Rechtshänder noch weitere Erfolge im Doppel, u.a. Olympia-Silber 1992, EM-Silber 1990 sowie EM-Bronze 1994 und 1996, aber auch Titel und Medaillen mit der deutschen Nationalmannschaft und mit Borussia Düsseldorf. Sagenhafte 13 Trophäen stemmten sie in acht Jahren Seite an Seite beim Rekordmeister in die Höhe, Fetzner mit der Borussia insgesamt 14, Roßkopf sogar 25. Der heutige Bundestrainer glänzte außerdem im Einzel mit Olympia-Bronze 1996 und dem EM-Titel 1992.

Durch den WM-Gewinn vor 30 Jahren lösten Rossi und Speedy einen Boom im Deutschen Tischtennis-Bund aus. "Die WM war ein großes Ereignis, ein riesen Erlebnis für viele Menschen. Und in Deutschland so einen Titel zu gewinnen, ist etwas Besonderes gewesen", sagt Roßkopf. "Das war sicher der Start des Tischtennissports in unserem Land", ergänzt Fetzner. "Denn in der Zeit nach dem Titel sind viele Leute in die Vereine gekommen. Die Zahl der Mitglieder und der Vereinsmannschaften stieg an, auch die Zuschauerzahlen schnellten in die Höhe. Das Medieninteresse und die Präsenz im Fernsehen waren unglaublich, viele Bundesliga- und Europapokalspiele wurden live im TV gezeigt. Auch der Sponsorenzuspruch erreichte neue Dimensionen."

Bis zum heutigen Tag ist der 8. April 1989 regelmäßig Thema bei Roßkopf und Fetzner. "Wir werden immer wieder an den großen Erfolg erinnert, speziell wenn ein runder Jahrestag ansteht wie jetzt. Es ist auch schön so, da wir ja die einzigen Weltmeister sind, die es in Deutschland im Tischtennis gibt", beschreibt der 49 Jahre alte Roßkopf. "Das Interesse ist gerade zum 30-jährigen Jubiläum enorm hoch", betont Fetzner. "Wir haben dafür schon einige Fernsehspots gedreht und Interviews gegeben." Obwohl sich dieser historische Moment nun nähert, haben die immer noch eng befreundeten Weltmeister keine Feier angedacht. "Ich bin am Montag in Düsseldorf bei einem Lehrgang mit der Nationalmannschaft und Speedy hat seine Arbeit bei Donic. Daher werden wir uns nicht sehen, aber auf jeden Fall telefonieren", sagt Roßkopf, "und anstoßen werden wir dann bei der WM in Budapest [Anm.d.Red. 21.-28. April]."

Und damit schließt sich der Kreis, denn am 8. April 2019 wird es "wieder ein WM-Ausscheidungsspiel geben, mit dem sich unsere Jungs für die Weltmeisterschaft qualifizieren wollen", so Roßkopf, um möglicherweise in die Fußstapfen der beiden lebenden deutschen Tischtennis-Legenden zu treten.

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